In Zeiten von Corona ist das Arbeiten im sozialen Bereich vielfach beeinträchtigt und erschwert. Das merken die Fachkräfte täglich, das merken aber auch diejenigen, die sich um deren Weiterbildung kümmern. Ein Gespräch mit Iris Weisser und Christian Böhme von unserer PARITÄTISCHEN Akademie Nord.
Wie habt ihr das erlebt: Hatten die Fachkräfte 2020 trotz Corona überhaupt Zeit, Lust und Kraft, sich in Seminaren oder Zertifikatskursen weiterzubilden? Neue Herausforderungen und vieles, das zu lernen war, gab es für sie ja genug…
Iris Weisser: Wir hatten zu Beginn der Pandemie schon die Befürchtung, dass die Fachkräfte weg bleiben, weil sie schlicht keinen Kopf für Fortbildungen haben. Aber wir haben erfreulicherweise schon früh gemerkt, dass sie sich weiter austauschen und etwas Neues lernen wollen. Pandemiebedingt hatten wir zwar kurzfristig Themen wie Hygienemanagement, Gefährdungsbeurteilung und Achtsamkeit ins Programm aufgenommen, aber das Interesse lag doch stärker auf Inhalten, die nichts mit Covid19 zu tun hatten. Ich glaube, viele brauchten und brauchen mal eine coronafreie Zeit, in der sie sich mit anderen Themen beschäftigen.
Wie hat sich die Akademie auf Corona eingestellt?
Christian Böhme: An den Tag, an dem wir die Akademie aufgrund der rasanten und unübersichtlichen Entwicklung Mitte März schließen mussten, werden wir uns wohl noch länger erinnern. Nach einem anfänglichen Grübeln, wie es nun weitergeht, haben wir im Team die Ärmel hochgekrempelt und gefühlt Tag und Nacht mit Dozent*innen und Teilnehmenden telefoniert, Mails geschrieben und eine Menge organisiert, um Termine zu verschieben oder auf online umzustellen. Die Digitalisierung hatten wir sowieso für das Jahr 2020 auf dem Zettel, aber dann ging der Umstieg schneller als geplant.
Iris Weisser: Parallel haben wir für die Wiedereröffnung, wann auch immer sie sein sollte, an einem Hygienekonzept gearbeitet. Da hatten und haben wir mit dem Bergedorfer Impuls, der im Rahmen eines Reha-Projekts die Konferenzräume bewirtschaftet, einen verlässlichen und professionellen Partner an unserer Seite.
Wie kommen eure Maßnahmen bei den Teilnehmenden an?
Iris Weisser: Wir freuen uns, dass die Rückmeldungen äußerst positiv waren, auch wenn wir es aufgrund der unterschiedlichen Sichtweisen nicht jeder und jedem Recht machen können. Die riesige Herausforderung ist, die richtige Balance zu finden zwischen den Menschen, die definitiv nicht an Online-Fortbildungen teilnehmen wollen, und denen, die sich nicht mehr in Präsenz-Fortbildungen setzen wollen – dazwischen gibt es aber auch noch viele Teilnehmende, die ihre Ängste und Sorgen mitbringen. Das ist mitunter nicht leicht und auch nicht immer konfliktfrei, aber bisher haben wir die Herausforderungen im Team, glaube ich, ganz gut gelöst. Der allergrößte Teil der Teilnehmenden hat Verständnis, wenn wir Fortbildungen verschieben oder das Format ändern. Ihnen ist wichtig, dass die Fortbildung überhaupt stattfindet. An der Stelle erlaube ich mir den Hinweis, dass sich alle Interessierten weiter für unsere Fortbildungen anmelden können.
Mehrfach musstet ihr Seminare verschieben und mit der Unsicherheit leben, ob die gut 100 Fortbildungen, die wir im Jahr anbieten, wie geplant stattfinden können. Dazu sicherlich zahlreiche verunsicherte Anfragen von Teilnehmenden. Wie habt ihr das gemeistert und wie habt ihr es geschafft, die Motivation hochzuhalten?
Christian Böhme: Die Herausforderung für das Team ist schon extrem, auch wenn das Umstellen bzw. Verschieben von Terminen mit der Erfahrung ein wenig leichter fällt. Ich bringe es mal auf die Formel: Je höher die Inzidenz und je stärker die öffentliche Diskussion in den Medien z.B. über Ausgangssperren und Virus-Mutationen, desto häufiger klingelt das Telefon. Es ist darüber hinaus für die Teilnehmenden, die nicht nur aus Hamburg kommen, auch nicht leicht, bei den Regelungen durchzusteigen, die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind. Was die wenigsten wissen: Gemäß §9 der Eindämmungsverordnung der Freien und Hansestadt Hamburg ist es weiterhin erlaubt, Veranstaltungen unter Einhaltung der oben erwähnten Hygiene- und Abstandsregeln durchzuführen. Wir dürften also weiterhin Fortbildungen in unseren Räumen anbieten, haben dies aber aus Rücksicht auf die Gesundheit aller wieder eingestellt.
Dass bisher alles so gut funktioniert hat, liegt an unserem tollen Team, das ich an der Stelle für seine hohe Flexibilität und den unermüdlichen Einsatz loben möchte. Was die Kolleginnen auf die Beine gestellt haben, wie schnell sie sich immer wieder an die aktuellen Entwicklungen anpassen und versuchen, sowohl Dozent*innen als auch Teilnehmenden gerecht zu werden, all das ist nicht selbstverständlich.
Wird die Akademie nach Corona wieder business as usual machen oder gibt es Impulse/Neuerungen, die zukünftig aufgegriffen werden?
Iris Weisser: In der Zeit des Lockdowns sind viele neue Themen, gerade für Führungskräfte, entstanden. Angefangen von der Einführung einer Videosoftware über Corona-Hygienemanagement bis hin zur digitalen Führung mit Austausch und Organisation eines Teams, wird sich die Arbeitswelt nach Corona sicher verändern und damit auch die Anforderungen an Leitungs- und Fachkräfte. Wir haben den Anspruch, uns an den Bedarfen der Teilnehmenden zu orientieren und da ist business as usual nicht der richtige Weg. Nur eins ist beständig – die Veränderung!